Throwback Friday: Die Plattentaufe von «Sirens‘ Silent Songs» jährt sich heute zum zehnten Mal

Regensdorf/Zürich – PULZ taufen ihren Silberling «Sirens‘ Silent Songs» im Mascotte

WENN DER DISCOBEAT ALLEINE KOMMT

Hundert Live-Auftritte und kein bisschen müde. Die Regensdorfer Rockcombo PULZ taufte am Sonntagabend im Zürcher Mascotte ihr Debüt «Sirens‘ Silent Songs». Ein Festakt mit hohem Tempo.

Von Sven Zaugg

Trommelwirbel, Pauke und das artige Klatschen im grossen, weissen Zelt auf der Sechseläutenwiese hatten nichts mit dem zu tun, was sich ein paar Meter weiter im proppenvollen Mascotte entlud. Mit ohrenbetäubendem Sound und schweisstreibender Bühnenchoreografie beehrte die Unterländer Rockcombo PULZ ihr Publikum und sich selbst, wie sich das für eine richtige Plattentaufe gehört. Ein Heimspiel sozusagen, bei dem es nur Gewinner gibt. Rund 50’000 Franken investierten die fünf Endzwanziger in ihren Traum des ersten Silberlings «Sirens‘ Silent Songs». Die Plattentaufe fungierte überdies als Ventil für die Leiden getaner Arbeit, der (uns so soll es sein) mit Sicherheit auch Schweiss und Tränen vorausgegangen sind.
PULZ eröffneten ihren Abend mit «Ready For The Storm», das irgendwo zwischen sphärischer Ballade und solider Rocknummer tingelt – ein programmatischer Einstieg auf textueller und musikalischer Ebene für ein Konzert, das über weite Strecken von den spastischen Bewegungen von Frontmann Oliver M. Richard dirigiert wurde […].

Leise Stimme, präziser Rock
Weniger Pose und mehr Gesang wären denn auch angebracht gewesen. Die Vocals von Oliver M. Richard waren zu leise, und genau seine kräftige und eingängige Stimme, welche die Songs von PULZ zu Ohrwürmern machen, müsste in der Liveperformance prominenter wirken. Ein Wermutstropfen, die dem geneigten Hörer auffallen musste. So entfaltete sich Richards Stimme erst bei balladesken Stücken wie der Vergangenheitsbewältigung «Cardboard Box».
Nachdem die kleine Kartonschachtel und somit die Vergangenheit den Flammen zum Frass vorgeworfen wurde (Burn / This old cardboard box / I need it no more / I can’t stay within), wurden die Regensdorfer wieder von der Melancholie des grauen Alltags eingeholt, der bei ihnen so gar nicht nach Tristesse tönt: «I stumble through the maze of tasteless days in grey.» Pascal Schenk (Gitarre und Gesang) und Urs Stark (Leadgitarre) liessen ihre Saiteninstrumente im Chorus aufheulen, Schlagzeuger Philipp Wyssling schlug kraftvoll zu. «Watching Over Me» ist ein starkes und präzises Stück Stadionrock, ob dann auch der Herr im Himmel seine helfende Hand anerbot, bleibt dahingestellt: «You’re the river / I’m the tree / Please Lord / Keep watching over me.»
Bis dahin waren die Stücke eher dem konventionellen Rockgenre zuzurechnen, wie sie dieser Tage zuhauf über die Äther gehen. Doch schliesslich gelang es PULZ, doch noch ein Schnippchen zu schlagen. Mit der englischen Cholesterin-Bombe «The Last Fish & Chips», einer treibenden Discorock-Nummer mit adäquat kurligem Text (Guerilla warfare is now on the move / To crush this veggie mafia) wurde das Tanzbein anvisiert und getroffen.

Weniger Pose, mehr Farbe
Die fünf Jungs beherrschen das Spiel mit der Pose, tingeln gekonnt zwischen Balladen und radiotauglichen Rocknummern. Interessanterweise war es aber gerade die Ulknummer «The Last Fish & Chips», welche die Körper des Publikums zum Vibrieren brauchte und die Tanzbeine stampfen liess.
Trotzdem müssen sich PULZ in der nationalen Musikszene nicht verstecken, denn sie pflegen einen weit unangestrengteren Eklektismus als Bands wie The Bianca Story oder Navel, die landauf landab von der Musik-Journaille gehyped werden. Nur: Weniger Pose und mehr Farbe im Spiel würde PULZ gut tun.

Bildlegende: Mit der treibenden Discorock-Nummer «The Last Fish & Chips» lockten PULZ auch die letzten Tanzmuffel aus der Reserve. (sza)

(Zürcher Landzeitung / Zürcher Unterländer / Neues Bülacher Tagblatt, Dienstag, 6. Mai 2008)